Vaterverbot Schweiz
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Eintrag vom 28.08.2010

Vaterrecht im Bundeshaus!

Stephan Brunner im Gespräch mit Frau Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf zur "Elterlichen Sorge".


Montag, 7. Dezember 2009, kurz nach vier. Ich stehe vor dem Bundeshaus West. Es regnet. In der rechten Hand meine Dossiers „Gleichberechtigte Eltern“, „Umsetzung des Rechtes der Kinder auf beide Elternteile“ und „Neugestaltung der Unterhaltsregelung“. In meiner linken Hand die Einladung von Frau Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf.

Der Empfang in Bern

Nach einer unauffälligen Polizeikontrolle am Eingang werde ich vom persönlichen Mitarbeiter der Bundesrätin zum Weibel geführt. Er empfängt mich in traditioneller Tracht und unterhält mich freundlich mit Geschichten über berühmte Leute, die schon genau auf diesem Sofa auf den Regierungsempfang gewartet hatten. Ich fühle mich noch geehrter und frage ihn, wie ich die Regierung ansprechen soll. Frau Bundesrätin, Frau Widmer, Frau Widmer-Schlumpf, Frau Bundesrätin Widmer-Schlumpf? Aus seiner 40-jährigen Tätigkeit als Weibel wusste er mit Bestimmtheit, dass ich mit „Frau Bundesrätin“ gesellschaftlich korrekt läge. Darauf hin stand er auf, rückte seinen Rock in Form und führte mich in das riesige Arbeitszimmer der Justizministerin.

Die Bundesrätin schreitet bestimmt, aber sichtlich leger, auf mich zu und streckt mir ihre Hand entgegen. Ein einladender Händedruck mit der freundlichen Aufforderung, es mir auf dem endlosen Sofa bequem zu machen. Schier unbemerkt postiert sich der persönliche Mitarbeiter mit Block und Bleistift in einer anderen Ecke der Polstergruppe.

Frau Widmer-Schlumpf ist bestens vorbereitet – sie kennt meinen Fall, sogar den Namen meines Sohnes, die Situation verzweifelter Väter im Allgemeinen sowie die gesetzlichen Stolpersteine – und kommt sofort auf Touren. Noch bevor ich eine Frage stelle, gibt sie die Antwort: Am 16. Dezember präsentiert die Vorsteherin des Justizdepartements ihren bundesrätlichen Kollegen das Konzept "Elterliche Sorge". Mit gutem Lobbying sollte die Vorlage, so Frau Widmer-Schlumpf mit einem siegessicheren Lächeln, ohne Widerstand und Verzögerung vor und auch durch das Parlament kommen. Sie wolle mir ihre Botschaft ebenfalls vorlegen und bittet mich um meine ungefilterte Meinung – als wäre ich selber Bundesrat und nicht nur Betroffener. Danach sei meine aktive Mitarbeit mit den zuständigen Kommissionsmitgliedern gefordert. Sie werde das einfädeln und verspricht mir Adressen und Kontakte in den National- und Ständerat. Eine Frau ein Wort!

Gleichberechtigte Eltern

Um die Elternrechte und -pflichten neu und gerecht zu verteilen, muss der Art. 133 Abs. 1 ZGB [1] geändert werden. Wie kein anderer Artikel hat diese Bestimmung zu Machtkämpfen und Kinderleid geführt. Mit vollster Zuversicht bestätigt die eloquente Bundesrätin, dass das gemeinsame Sorgerecht in ein bis zwei Jahren umgesetzt sei. Ihr Protokollschreiber nickt uns zustimmend zu.

Ich bin Vater, kein Besucher

Weder die UNO-Kinderrechtekonvention [2], das ZGB [3] oder ein Bundesgerichtsentscheid [4] haben es je geschafft, das Besuchsrecht zu regeln. Wenn ein Elternteil zum Besucher degradiert wird, gibt es keine Gerechtigkeit! Das Wort „Besucher“ wird, versprach die Bundesrätin energisch, im neuen Gesetz nicht mehr vorkommen.

Die Behinderung oder Verhinderung des Kontaktes ist eine Gefährdung des Kindes und bedarf sofortiger Handlung! In diesem Fall hätte die zuständige Behörde innerhalb einer Woche die Sachlage zu prüfen und eine Umgangsvereinbarung [5] zu treffen und durchzusetzen. Ich habe nicht schlecht gestaunt, als Frau Widmer-Schlumpf von den geplanten Sanktionsmöglichkeiten bis zu Gefängnisstrafen erzählte, sollte einer der Elternteile künftig nicht spuren.

Die Abschaffung der Vormundschaftsbehörde und die Schaffung einer Kinderschutzbehörde würden wohl erst in zwei bis drei Jahren vollzogen. An Stelle von Willkür durch Inkompetenz sollen ausgebildete Sozialarbeiter mit Feingefühl gegen die seelische Zerrissenheit der Kinder und mit Mediation für Frieden zwischen zerstrittenen Eltern sorgen.

Wir sind in der Schweiz leider noch weit vom Prinzip der Doppelresidenz entfernt. Die Doppelresidenz stellt eine Prämisse in den Raum, die weniger Konfliktpotential bietet, da die Frage des Verbleibes und der primären Zugehörigkeit ausser Frage gestellt wird. Das Kindeswohl ist gewahrt, da Kinder beider Eltern bedürfen. Dies stellt eine wissenschaftlich gefestigte Tatsache dar. Kinder erfahren eine kontinuierliche, geschlechtsspezifische Interaktion über die Dauer ihrer Entwicklung bis zum Erwachsenen - im Gegensatz zur monogeschlechtlichen Identifikation oder wechselnde Identifikationspersonen durch Partnerwechsel oder Ersatzvatersuche.

Unterhaltsausgleich nach Betreuungsleistung

Es bestehen enorme Unterschiede in der Bemessung der Unterhaltsleistung, die in keinem Zusammenhang mit dem reellen Bedarf des Kindes steht. Viele Mütter erhalten gar keine Unterhaltsleistung und sind deshalb von staatlichen Unterstützungen abhängig. In den unteren Einkommensklassen sind die Väter mit der Unterhaltsleistung überfordert und rutschen unter das Existenzminimum. In den oberen Einkommensklassen wird Unterhaltsleistung gezahlt, die weit über den tatsächlichen Bedarf des Kindes hinausgehen; die Diskussion darüber, wem die Unterhaltsleistung zugute kommt, sorgt regelmässig für Spannungen.

Die Berechnung der Unterhaltsleistung sollte sich nach den tatsächlichen Kosten pro Kind [gemäss „Kinderkosten“ des Bundesamtes für Statistik, März 2009] sowie nach dem Anteil der Betreuung richten. Wenn sich beide Elternteile je zur Hälfte an der Betreuung der Kinder beteiligen, braucht es keinen Unterhaltsausgleich. In allen anderen Fällen richtet sich der Unterhaltsausgleich nach der elterlichen Betreuungsleistung gegenüber dem Kind. Für die Fremdbetreuung kann nur dann ein Unterhaltsausgleich geltend gemacht werden, wenn die Eltern die Betreuung nicht selber leisten können oder wollen. Mit dieser neuen Regelung wird der Missbrauch ausgeschaltet.

Danke Frau Bundesrätin

Meine halbe Stunde ist schon über eine Viertelstunde abgelaufen. Frau Widmer-Schlumpf hört immer noch geduldig zu und argumentiert. Ihre Betroffenheit ist ehrlich, die Situation ist bis ins Detail erkannt, ihr Wille zur Veränderung ist spürbar und die geplanten Massnahmen sind richtig. Ich bin mir bewusst, dass die staatliche Regelung einer eigentlich privaten Angelegenheit sehr schwierig ist. Ich fühle mich beschämt, den Bundesrat, der vor grossen Aufgaben seht, mit meinen im Verhältnis kleinen Sorgen zu belästigen. Aber ich habe ein gutes Gefühl, dass mit der Initiative von Frau Bundesrätin Widmer-Schlumpf die Gesetzte verschwinden, die bei verantwortungs- und bewusstlosen Eltern den Kindern geschadet und das Leben erschwert haben.


[1] Das Gericht teilt die elterliche Sorge einem Elternteil zu und regelt nach den Bestimmungen über die Wirkungen des Kindesverhältnisses den Anspruch auf persönlichen Verkehr und den Unterhaltsbeitrag des andern Elternteils.

[2] Art. 9 Abs. 3: Die Vertragsstaaten achten das Recht des Kindes, das von einem oder beiden Elternteilen getrennt ist, regelmässige persönliche Beziehungen und unmittelbare Kontakte zu beiden Elternteilen zu pflegen, soweit dies nicht dem Wohl des Kindes widerspricht.

[3] Art. 273 Abs. 1: Eltern, denen die elterliche Sorge oder Obhut nicht zusteht, und das unmündige Kind haben gegenseitig Anspruch auf angemessenen persönlichen Verkehr.

[4] 131 III 209: Die generelle Beschränkung des Besuchsrechts bei schlechtem Einvernehmen der Eltern widerspricht dem Kindeswohl. Wenn das Verhältnis des Kindes zum besuchsberechtigten Elterteil gut ist, darf das Besuchsrecht nicht eingeschränkt werden, auch wenn zwischen den Eltern Spannungen bestehen. Wenn man eine generelle Einschränkung zu lassen würde, könnte der Inhaber der elterlichen Sorge dem anderen Elternteil mit Streitereien gezielt das Besuchsrecht verunmöglichen. Zudem sei erwiesen, dass das Kind durch ein regelmässiges Besuchsrecht die Trennung der Eltern besser verarbeite.

[5] kindergerechte Übergabe/Übernahme-, faire Umgangs-, Ferien-, Feiertags- und Wochenende-Regelungen.