Man nennt sie die Generation Maybe, i-Phone oder auch Hipster. Sie bringen ihre Eltern, Lehrpersonen und Lehrmeister ins Schwitzen, in Rage und manchmal auch an den Rand der Verzweiflung. Doch das war schon immer so, wie Professor Allan Guggenbühl, Experte für Kinder- und Jugendpsychologie, in seinem Referat über die Jugendlichen und die Herausforderungen der Pubertät anlässlich des Tages der Homöopathie an der SHI in Zug in Erinnerung rief. „Die Pubertät beschäftigte die Menschen seit jeher. Sie wühlt uns auf, bereitet uns Sorgen und auch Ängste. Und dann gibt es Phasen, wo man als Eltern nicht mehr weiter weiss.“ Der Psychologe ging auf die Bedeutung der Pubertät und deren Eigenheiten ein. Die Pubertät sei geprägt vom Wunsch vieler Jugendlichen nach Autonomie und Abgrenzung zu den Erwachsenen, ganz nach dem Motto: „Hauptsache, anders sein“. Entsprechend Mühe bereite ihnen die Anpassung in der Schule oder im Lehrbetrieb. „Jugendliche haben ein Recht darauf, von den Erwachsenen nicht verstanden zu werden. Denn Jugendliche befinden sich in einer Phase der Identitätsbildung. Dabei wollen sie auf keinen Fall so sein wie ihre Eltern, weil Vater und Mutter ihnen in der Regel zu nahe stehen. Vielmehr spielen Gleichaltrige eine wichtige Rolle in der Persönlichkeitsentwicklung“, schilderte Allan Guggenbühl. Die ablehnenden oder beängstigten Reaktionen der Eltern und Lehrpersonen auf die Provokationen der Jugendlichen geben diesen gemäss dem Psychologen die Sicherheit, den Erwachsenen etwas zu bedeuten.
Kleine Machos und brave Mädchen?
Jungs bereiten in der Erziehung und insbesondere in der Schule offenbar meist mehr Probleme als Mädchen. Rund 50 Prozent der Knaben erhalten laut Allan Guggenbühl während ihrer Schulzeit eine Diagnose, die auf ein psychologisches Defizit hinweist. „Was ist das für eine Gesellschaft, die die Hälfte der Knaben so einstuft“, kritisierte der Psychologe und wies darauf hin, dass die Schule heute immer mehr zu einer weiblichen Domäne geworden sei, in der kaum noch Platz für die Bedürfnisse von Knaben bestehe. Zum einen fehlen in vielen Schulen männliche Bezugspersonen, zum andern werde das Verhalten der Jungs nicht berücksichtigt. „Mädchen pflegen eher eine Beziehungssprache, während sich Knaben im Gespräch über Hierarchien und Positionen definieren. Sie pflegen auch andere Formen der Problemlösung und orientieren sich in der Kommunikation oft über bestimmte Objekte wie Autos oder Fussball“, schilderte Allan Guggenbühl. Er rief dazu auf, die Gleichberechtigung in der Schule, aber auch in der Familie nicht mit Gleichheit zu verwechseln. So müsse man in der Erziehung von Mädchen und Jungs mit anderen Werten und Akzenten arbeiten. Kriegsspielzeuge etwa seien für Jungs oft ein Symbolobjekt, um sich dem Thema Gewalt anzunähern und dieses abzuhandeln. „Jungs brauchen mehr Befehle statt Bitten, um diszipliniert zu werden. Sie sind motivierter, wenn sie sich überschätzen. Und sie wollen mehr Bewegung, Rhythmisierungen und Rituale, die ihnen eine Orientierung in der Schule vermitteln“, so der Referent.
Homöopathie bei verhaltensauffälligen Kindern
Immer häufiger behandeln Homöopathinnen und Homöopathen Kinder, die als verhaltensauffällig, mit schlechten Schulnoten und der Diagnose ADHS in die Praxen kommen, wie SHI-Schulleiterin Dr. Martine Cachin Jus in ihrem Referat über die Behandlungsmöglichkeiten von Kindern mit Homöopathie schilderte. „Für manche Kinder dreht sich die Welt zu schnell und in einem zu engen Rahmen. Obwohl sie nicht krank sind, werden sie als verhaltensauffällig abgestempelt. Die Homöopathie hilft dem Kind, seine eigene Identität und Individualität zu stärken, ohne auf die Persönlichkeit Einfluss zu nehmen, wie dies zum Beispiel beim Ritalin der Fall ist.“ Das Kind als Ganzes stehe bei der homöopathischen Behandlung im Zentrum, die Zeit der Schwangerschaft, der Verlauf der Geburt, sein Charakter und Essverhalten, aber auch sein Umfeld mit Eltern, Geschwistern und der Schule. „Wir stellen regelmässig fest, dass sich Kinder nach Impfungen verändern und zum Beispiel unter Konzentrationsstörungen leiden“, so Martine Cachin Jus. Auch fehlende Aufmerksamkeit oder Familienkrankheiten seien mögliche Einflussfaktoren. Wie ganzheitlich ein Kind in der homöopathischen Sprechstunde erfasst wird, demonstrierte Dr. Mohinder Singh Jus mit zwei Kindern, die er auf der Bühne live befragte. „Man kann die Kinder nur verstehen, wenn man selber wieder zum Kind wird und auf der gleichen Augenhöhe mit ihnen spricht“, so der SHI-Schulleiter.
Text: Fabrice Müller, journalistenbuero.ch